21. Juni 2023

Eine Stadt für Alle: Antidiskriminierung in Köln



Köln hat 2022 den Preis als Europäische Hauptstadt für Integration und Vielfalt erhalten. Wir, die Grüne Jugend Köln, werfen einen kritischen Blick auf die noch bestehenden diskriminierenden Strukturen in Köln. Unser Antrag zielt darauf ab, eine Evaluation von verschiedenen bestehenden diskriminierenden Strukturen in Köln vorzunehmen. Indem wir gezielte Maßnahmen zur Stärkung der Antidiskriminierung entwickeln, möchten wir dazu beitragen, dass Köln seiner Vorreiterrolle in Sachen Gleichberechtigung, Integration und Vielfalt gerecht wird.

Über unsere konkreten Forderungen hinaus erwarten wir, dass die Stadt unter professioneller Begleitung eine umfassende Evaluation von bestehenden diskriminierenden Strukturen in Köln vornimmt.

Antirassistische Strukturen in Köln stärken

Postkoloniale und rechte Strukturen sind bis heute in unserer Stadt präsent. Antirassistische Praxis bedeutet daher, sich aktiv mit den Auswirkungen des Kolonialismus auseinanderzusetzen, entsprechende Strukturen zu erkennen und anzugehen. Dies beinhaltet zum einen die kritische Betrachtung von Straßennamen, Denkmälern und anderen öffentlichen Symbolen, zum anderen das aktive Stärken von antirassistischen Strukturen. Diese unterstützen von Rassismus betroffene Menschen.

Darum fordern wir, dass

  • der Vorschlag des Expert*innengremiums zum Umgang mit dem Kaiser-Wilhelm-II- Denkmal als verpflichtend betrachtet wird.
  • das Denkmal „Dieser Schmerz betrifft uns alle“ zur Erinnerung an den Genozid der Armenier*innen der Initiative „Völkermord erinnern“ eine Sondernutzung für drei Jahre erhält und währenddessen nach einer dauerhaften Lösung gesucht wird.
  • Straßen, die koloniale Verbrecher oder Nationalsozialisten ehren, konsequent umbenannt werden.
  • das geplante Mahnmal an der Keupstraße, in Gedenken an die Opfer rechten Terrors, entsprechend den Vorstellungen der beteiligten Initiativen und Bevölkerung umgesetzt wird.
  • ein offizielles Register eingeführt wird, wo Bürger*innen rassistische und diskriminierende Vorfälle dokumentieren können. Die Auswertung erfolgt einmal jährlich, unter anderem nach Bezirken. Im Unterschied zur Kriminalitätsstatistik der Polizei erfassen die Register auch Vorfälle, die nicht als Straftaten gelten oder nicht zur Anzeige gebracht wurden. Dies ermöglicht das Ausarbeiten von zielgerichteten Maßnahmen nach Bezirken.
  • mehr Beratungsstellen bei Diskriminierungserfahrung gefördert werden. Aktuell werden nur zwei Beratungsstellen bei den Personalkosten unterstützt. Nur ein breites Angebot von vielen Trägern stellt sicher, dass viele Menschen Angebote kennen und wahrnehmen.
  • der Mülheimer Standort des Schauspiel Köln beibehalten wird. Dadurch kann dieses kulturelle Angebot weiterhin in Mülheim erhalten bleiben und der positive Austausch zwischen der Interessengemeinschaft Keupstraße und dem Schauspiel Köln weitergeführt werden. Die dadurch entstandene Aufmerksamkeit für die Keupstraße ist wichtig für den interkulturellen Austausch in Köln und die Aufarbeitung des NSU-Anschlags in der Keupstraße.

Für ein barrierearmes Köln

In Deutschland leben rund 7.8 Millionen Menschen mit Behinderung. Und trotzdem sind viele öffentliche Bereiche immer noch nicht barrierearm – geschweige denn barrierefrei – gestaltet. So verhält es sich auch in Köln. Egal, ob Mobilität, Bildung oder Kultur – es braucht schleunigst einen Vorstoß, um in Köln Barrieren zu identifizieren und abzubauen. Und zwar nicht nur für Menschen mit sichtbaren, sondern auch mit nicht-sichtbaren Behinderungen.

Darum fordern wir, dass:

  • sämtliche KVB-Haltestellen schnellstmöglich rollstuhlgerecht umgebaut werden und künftig nur barrierefrei nutzbare Fahrzeuge bestellt werden (wie es laut § 8 Abs. 3 PBefG schon bis zum 1. Januar 2022 hätte geschehen sollen).
  • bestehende Gehwege auf eine Mindestbreite von 2 m verbreitert und auf ihrer gesamten Breite stufenlos gestaltet werden. Für neuzuerrichtende Gehwege sollen ebenfalls die obenstehenden Anforderungen erfüllt werden. Eine etwaige Verbreiterung von Gehwegen darf nicht zu Lasten der Breite oder der Existenz von Radwegen oder Außengastronomie gehen. Im Zweifelsfall soll die Breite der Autofahrbahn verkleinert werden.
  • in sämtlichen städtischen Einrichtungen (Museen, Verwaltungsgebäude, etc.) sowie sämtlichen Websites alle Informationen auch auf leichter Sprache zu erhalten sind, sowie für sehbehinderte Personen zugänglich gemacht werden.
  • die Stadt Köln nur solche Schulen baut, deren Baupläne zuvor einer Prüfung der Barrierearmut unterzogen wurden.
  • sich die Stadt dafür einsetzt und Anreize dafür schafft, in Kölner Supermärkten eine “Stille Stunde” einzuführen, in der besonders hörsensible Menschen (z.B. Autist*innen) ungestört einkaufen können.

Unterstützung von geflüchteten Menschen

Neben interpersoneller Diskriminierung sehen sich geflüchtete Menschen in Deutschland mit einer Vielzahl von rechtlichen und administrativen Hürden konfrontiert. Als antirassistische Jugendorganisation setzen wir uns nicht nur für das Recht auf Flucht und Asyl ein, sondern auch für eine respektvolle und menschenwürdige Lebenssituation für geflüchtete Menschen in Deutschland.

Unser vorrangiges Ziel besteht darin, die Hürden abzubauen, die das Ankommen in Köln erschweren. Besonderes Augenmerk gilt dabei den vulnerablen Gruppen, um den erforderlichen Schutz zu gewährleisten.

Wir fordern daher, dass

  • keine Unterbringung in Sammelunterkünften stattfindet. Sammelunterkünfte können nicht die physischen und psychischen Bedürfnissen von Menschen gerecht werden.
  • physische Schutzräume für LGTBQIA+ Menschen geschaffen werden. Diese Räume müssen zudem eine Unterstützung durch eine hinreichend große Anzahl an entsprechend ausgebildeten Fachkräften gewährleisten.
  • das Ausländeramt in Köln aktiv daran arbeitet, administrative Hürden abzubauen. Dies beinhaltet das Bereitstellen von mehrsprachigem Informationsmaterial zu den Dokumenten und Dolmetscher*innen. Außerdem sollen die Mitarbeiter*innen regelmäßige Schulungen absolvieren, um ein Verständnis für die Bedürfnisse und Herausforderungen geflüchteter Menschen zu entwickeln. Dies beinhaltet auch die Stärkung von interkulturellen Kompetenzen und den Umgang mit traumatisierten Personen. Weiterhin sollen Mitarbeiter*innen in Englisch geschult werden.

Feministische Stadtplanung

Für weiblich oder queer gelesene und migrantisierte Personen sind Gewalt und sexuelle Übergriffe im öffentlichen Raum Alltag. Allein die Angst davor Gewalt zu erleben, schränkt die Teilhabe von Personen ein, die vulnerablen (also gefährdeten bzw. stark betroffenen) Gruppen angehören. Sie können sich nicht ohne Sorgen frei bewegen.

Dies ist nicht nur aufgrund von Verhalten einzelnen Täter*innen. Gewalt wird zusätzlich bedingt dadurch, dass bei der Gestaltung von öffentlichen Räumen die Bedürfnisse von vulnerablen Gruppen nicht berücksichtigt werden. Daher braucht es eine feministische Stadtplanung, welche diese Gruppen mitdenkt.

Frauen legen durchschnittlich mehr und kürzere Strecken zurück. Daher sind häufiger auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen oder zu Fuß unterwegs.Eine feministische Stadtplanung bedeutet auch einen Fokus auf Fußgänger*innen und die Bereitstellung von einem zuverlässigen, gut vernetzten und kostenlosen bzw. kostengünstigen öffentlichen Nahverkehr.

Darum fordern wir:

  • einen Prozess zur Identifizierung von unsicheren Orten mit der Beteiligung von Betroffenen.
  • die Bereitstellung von Geldern, um die notwendigen Verbesserungen an diesen Orten durchzuführen, und eine zeitnahe Umsetzung der Änderungen.
  • eine nachhaltige Berücksichtigung von den Bedürfnissen vulnerabler Gruppen in der Stadtplanung. Angehörige vulnerabler Gruppen müssen in Planungsprozesse einbezogen werden.
  • Den Ausbau von öffentlichem Nahverkehr.
  • Die kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs für Kölnpass Inhaber*innen und langfristig für alle Personen.

Frauenhäuser und Männergewaltschutz

Nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch zu Hause sind besonders Frauen und Kinder häufig Gewalt ausgesetzt. 80% der Opfer von häuslicher Gewalt sind Frauen, während ca. 80% der Täter*innen Männer sind. Laut dem Bundesfamilienministerium wird etwa jede vierte Frau mindestens einmal Opfer körperlicher oder sexualisierter Gewalt durch ihren aktuellen oder durch ihren früheren Partner.

Frauenhäuser sind in diesen Fällen meistens die ersten Anlaufstellen, die es Opfern ermöglichen, Gefahrensituationen zu entkommen. Sie bieten eine sichere Unterkunft, besonders für Opfer die finanziell Abhängig sind von ihren Täter*innen. Obwohl Frauenhäuser so wichtig sind für den Schutz von Opfern von häuslicher Gewalt, ist die Versorgungslage katastrophal. Die Autonomen Frauenhäuser Köln mussten nach Angaben allein 2022 rund 600 Anfragen ablehnen.

Auch Männer können Opfer von häuslicher Gewalt oder Gewalt in Beziehungen sein. Aufgrund patriarchaler Rollenbilder trauen sich viele betroffene Männer allerdings nicht, sich an Hilfsangebote zu wenden. Zudem sind Hilfsangebote für Männer nicht unter den Opfern bekannt.

Trans*-, inter*, nicht-binäre und agender Personen werden in der Erhebung von Statistiken über häusliche Gewalt meist nicht berücksichtigt. Hilfsangebote sind häufig nicht auf nicht-cisgeschlechtliche Menschen ausgelegt.

Daher fordern wir:

  • die Sicherstellung der Versorgungslage für Frauenhäuser. Unter anderem das 2019 vom Rat beschlossene dritte autonome Frauenhaus muss dringend umgesetzt werden. Besonders für Kinder müssen genug Kapazitäten geschaffen werden.
  • die Berücksichtigung von trans*-, inter*, nicht-binären und agender Personen bei Hilfsangeboten.
  • Hilfsangebote, die sich explizit an männliche Opfer von häuslicher Gewalt wenden und zur Sensibilisierung über Gewalt gegen Männer beitragen.

Queere Hauptstadt bleiben

Köln hat eine lange queere Geschichte und ist europaweit für seine Vielfalt bekannt. Trotzdem gibt es noch viele Bereiche, in denen queere Menschen in Köln diskriminiert werden. Deutschlandweit nimmt queerfeindliche Gewalt zu, besonders gegen trans* Personen. Vorfälle in der Schaafenstraße zeigen, dass dies auch in Köln ein Problem ist.

Für queere Jugendliche kommen neben schlechten Erfahrungen die Jugendliche generell machen, häufig belastende Erfahrungen aufgrund ihrer Queerness erschwerend hinzu. Umso wichtiger ist es für queere Jugendliche, dass sie in Kontakt miteinander kommen können und in Safer-Spaces eine Gemeinschaft bilden können.

Darum braucht Köln:

  • Eine langfristig sichere Finanzierung von Einrichtungen für queere Jugendliche wie das anyway. Das Angebot an queeren Jugendzentren muss in ganz Köln ausgeweitet werden und für Jugendliche in allen Veedeln gut erreichbar sein. Insbesondere auch auf der rechten Rheinseite und in Außenbezirken.
  • Anlaufstellen für Opfer von queerfeindlicher Gewalt, besonders im Karneval und im Rahmen des CSD. Trans* und mrigantisierte Personen müssen dabei ausdrücklich berücksichtigt werden.
  • Ein offizielles Register, wo Bürger*innen queerfeindliche Vorfälle melden können.
  • Aufklärungskampagnen und Bildungsangebote gegen Queerfeindlichkeit, besonders an Kölner Schulen.


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